Beweidungsprojekt Stadtwald Augsburg
Seit dem Jahr 2007 beweiden Przewalskipferde einen Teil der lichten Kiefernwälder und Heiden im Naturschutzgebiet Stadtwald Augsburg.
Auf den folgenden Seiten erfahren Sie alles Wissenswerte über die Weidetieren, die Projektziele und -ergebnisse und Sie erhalten weitere Informationen zu Veranstaltungen im Projektgebiet.
Weitere Hintergrundinformationen zu unserem Beweidungsprojekt und zum Einsatz von großen Pflanzenfressern in der Landschaftspflege finden Sie auch hier:
>> Downloads
>> Links
Lichte Kiefernwälder in Augsburg
Das 24 km² große Naturschutzgebiet Stadtwald Augsburg beeinhaltet die größten zusammenhängenden Restvorkommen von lichten Kiefernwäldern am Lech.
Kennzeichnend für die lichten und Kiefernwälder der Flußauen im Alpenvorland ist ihr außerordentlich großer Artenreichtum. Lichte Kiefernwälder sind ein Zeitfenster in die Vergangenheit, denn sie sind der ursprüngliche Vegetationstyp in der Hartholzaue am Lech.
Aufgrund ihrer ökologischen Funktion sowie ihrer biogeographischen Einzigartigkeit gelten sie als nationales Naturerbe. Etwa 80 % der noch verbliebenen Reste von lichten Kiefernwäldern und Heiden am Bayerischen Lech befinden sich auf Augsburger Stadtgebiet - für ihren Erhalt tragen wir in Augsburg somit eine besondere Verantwortung.
In ihrer Ausprägung und Artenausstattung sind die lichten Kiefernwälder eng an die dynamischen Prozesse intakter Wildflussökosystemen und extensiver Weidewirtschaft gebunden.
In ihrer Artenausstattung ähneln lichte Kiefernwälder den Lechheiden, die durch fortschreitende Auflichtung aus ihnen entstanden sind. Mit den wasserbaulichen Eingriffen am Lech und dem Rückgang der Wanderschäferei setzte in den lichten Kiefernwäldern jedoch eine Sukzession zum Laubholzmischwald und zu Ungunsten naturschutzrelevanter Arten ein.
Da eine großräumige Renaturierung der ursprünglichen Lech-Aue unrealistisch ist, verfolgen wir mit der Beweidung durch Wildpferde und Rothirsche das Ziel, dynamische Prozesse kleinräumig zu initiieren.
Beweidung mit großen Pflanzenfressern
Mit den klassischen Methoden der Landschaftspflege, Mahd und Schafbeweidung, ist ein nachhaltiger Schutz der lichten Kiefernwälder nicht möglich.
Ein viel versprechender Lösungsansatz ist aber die Beweidung mit "wildlebenden" großen Pflanzenfressern.
Das Projektgebiet im südwestlichen Teil des Naturschutzgebietes Stadtwald Augsburg ist ein 100 bis 150 Jahre alter Kiefernwald mit - wie entsprechende Untersuchungen zur Käferfauna zeigen - nachweisbar sehr langer Biotoptradition.
Die Tiere tragen mit ihrem Fraß- und Weideverhalten dazu bei, lichte Strukturen zu erhalten bzw. zu fördern. Außerdem reduzieren sie die Streu- und Rohhumusauflage und schaffen offene Bodenstellen, auf denen Kiefernsamen wieder keimen können.
Auf diese Weise wird wieder eine halboffene Landschaft mit fließenden Übergängen zwischen Wald, Halboffenland und offenen Heideflächen entstehen. Über wissenschaftliche Begleituntersuchungen können wir die durch die Beweidung hervorgerufenen Veränderungen dokumentieren.
Ein wichtiger Aspekt des Projekts ist eine intensive Umweltbildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Ziel ist es, die Bevölkerung für die einzigartige Naturausstattung am Lech zu sensibilisieren und entsprechende Verhaltensweisen zu fördern.
In der Pilotphase von 2007 bis 2011 wurde das Projekt gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU). Von 2012 bis Ende 2020 übernahm die Förderung der Bayerische Naturschutzfonds.
Neue Wildnis im Stadtwald
Die Anwesenheit von "frei" lebenden Przewalskipferden lädt den Besucher zum Verweilen ein und ist eine faszinierende Bereicherung für den Stadtwald.
Die Bedeutung des Beweidungsprojekts geht jedoch darüber weit hinaus, denn die Przewalskipferde sind mehr als „lebende Rasenmäher“ – sie sind vielmehr ein natürlicher Bestandteil des Ökosystems "Lichter Kiefernwald", dem sie wieder einen Teil der ursprünglichen Dynamik zurückgeben.
Entscheidend sind aus naturschutzfachlicher Sicht die Strukturveränderungen, die durch die Weidetiere bei ganzjähriger Freilandhaltung durch Verbiss, Scheuern, Tritt und Kotproduktion langfristig bewirkt werden. Im Dung der Tiere leben z.B. viele Käfer, die wiederum vielen Vogel- und Fledermausarten als Nahrung dienen.
Im Gegensatz zur regelmäßigen Mahd oder einer intensiven Beweidung, werden die Pflanzen unregelmäßig und unterschiedlich verbissen.
Zwar sind so in der Regel weniger Blüten als in einer extensiven Mähwiese vorhanden, die gesamte Blühdauer wird aber um das Zwei- bis Dreifache verlängert, was sich positiv auf blütenbesuchende Insekten auswirkt.
Durch den Verbiss von Laubgehözen erhöht sich langfristig der Anteil von Totholz im Gebiet, worauf wiederum zahlreiche hochspezialisierte Insektenarten angewiesen sind.
Die räumlich unterschiedliche Beweidungsintensität schafft eine Strukturvielfalt aus kleinen, dichten Gebüschgruppen, unterbeweideten Altgrasbeständen, stark beweideten Flächen und Rohbodenstandorten, von denen z.B. Insekten und Reptilien profitieren.
Sehr geehrte Freunde des Beweidungsprojekts, der Landschaftspflegeverband Stadt Augsburg e.V. hat zum Jahresende 2014 die Haltung von Rothirschen im Rahmen des Beweidungsprojekts beendet. Hier erläutern wir Ihnen Hintergründe dieser Entscheidung: |
(Fotos v.o.n.u.: LPV, Pfeuffer, LPV, LPV, LPV)
|
|