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Kiesbänke


Vor der Verbauung des Lechs prägten ausgedehnte Kiesbänke das Flussbett. Südlich von Augsburg erreichten sie eine Breite von über einem Kilometer. Zwischen den Kiesbänken schlängelten sich zahlreiche Arme des Lechs.

 

Nur bei Hochwasser wurde das gesamte Flussbett überschwemmt. Dann rissen die gewaltigen Wassermassen den Kies und alles, was sich ihnen in den Weg stellte, mit und lagerten es an anderer Stelle wieder ab. Auf diese Weise unterbrach der Lech an vielen Stellen regelmäßig die Vegetationsentwicklung und schuf mit "frischen" Kiesbänken stets neue Standorte.

 

 

Trockenheit und Hitze

Bei Niedrigwasser herrscht im Sommer auf den Kiesbänken ein nahezu wüstenähnliches Klima, denn der Kies kann nur wenig Wasser speichern. Außerdem ist die Kiesbank der vollen Sonneneinstrahlung ausgesetzt.

 

Es ist ein Lebensraum für Spezialisten, die gegen "Hunger, Durst und Hitze" ganz besondere Strategien entwickelt haben.


Einige Pflanzenarten überdauern die trockene Zeit als Samen. Andere entwickeln tiefe Wurzeln und/oder einen besonderen Verdunstungsschutz an den Blättern (z.B. kleine nadelartige Blätter, starke Blattbehaarung, Wasser speichernde Blätter). Typische Kiesbankpflanzen sind z.B. Knorpelsalat, Kies-Steinbrech, Deutsche Tamariske oder Sanddorn.

 

Auch viele Tierarten haben sich an die extremen Bedingungen auf der Kiesbank angepasst. Oft ist ihr Lebensraum auch Teil ihres Namens: Flussregenpfeifer, Flussuferläufer, Flussseeschwalbe oder Kiesbankgrashüpfer.


 

Isolation und Lebensraumverlust

Der Flächenverlust der Kiesbänke in den letzten 100 Jahren ist mehr als dramatisch. Zunächst wurde der Lech durch den Bau von Dämmen in ein enges, rund 50 bis 80 Meter breites Korsett gezwängt. Dann erfolgte der Bau von Stauseen, die den Lech heute mehr als Seenkette denn als Fluss erscheinen lassen.


Eine Folge ist, dass der Lech heute keinen neuen Kiesbänke mehr bilden kann, denn durch die Staustufen wird der Kiestransport unterbunden. Der Lech gräbt sich in den Untergrund ein anstatt frischen Schotter aus den Alpen abzulagern.


Viele Arten der Kiesbänke haben die Verbauung des Lechs nicht überstanden und sind inzwischen bei uns ausgestorben. Zu ihnen gehören z.B. die Deutsche Tamariske, der Zwerg-Rohrkolben, der Kiesbankgrashüpfer oder die Lachseeschwalbe. Andere Arten, wie die Flussseeschwalbe, finden heute auf künstlichen Kiesflächen, z.B. an Baggerseen, einen Ersatzlebensraum. Aber auch ihre Bestände sind besorgniserregend zurückgegangen.


 

Wilder Lech - Heute nur noch in Tirol

Wer heute eine noch teilweise intakte Wildflusslandschaft sehen will, muss etwa 150 km den Lech aufwärts ins Tiroler Lechtal reisen. Hier findet man noch ausgedehnten Kiesbänke, verzweigte Flussarme und mosaikartig angeordnete Lebensräume.


Noch gewaltiger zeigt sich das Ökosystem einer alpinen und voralpinen Wildflusslandschaft am Tagliamento in Norditalien.


In Augsburg selber lässt sich die einstige Wildflusslandschaft noch am Flussverlauf zwischen Gersthofen und Ellgau erahnen. In diesem Abschnitt wird aus dem Lech Wasser in den Lechseitenkanal ausgeleitet. Im Mutterbett des Lechs werden so Kiesbänke frei, die nur bei Hochwasser überflutet werden. Hier gibt es noch einige wenige Arten der einstigen Wildflusslandschaft, z.B. den Flussregenpfeifer.

 
(Fotos: LPV)