Schafbeweidung
Zur Verbesserung der Weideverhältnisse wurden im ausgehenden Mittelalter viele Kiefern-Auwälder in den flussferneren Bereichen des Lechfeldes aufgelichtet bzw. gerodet. Als Ergebnis entstanden ausgedehnte Heidelandschaften, die so genannten Lechheiden, mit ihrer für heutige Verhältnisse unglaublichen Artenvielfalt.
Kulturhistorische Bedeutung
Die Schafbeweidung hat am Lech eine lange Tradition. Noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts waren die Lechauen zwischen Augsburg und Landsberg eine der wichtigsten Sommerweiden für Wanderschäfer aus ganz Süddeutschland.
Zum einen ließen die kargen Böden des Lechfelds kaum eine andere Nutzungsform als die Beweidung mit robusten Schafrassen wie dem Merino-Landschaf zu. Zum anderen war die Textilstadt Augsburg einer der wichtigsten Wollmärkte in Süddeutschland.
Noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in Augsburg 110 Tonnen Schafwolle pro Jahr verkauft. Da ein Schaf pro Jahr ca. 2kg Wolle "produziert", mussten hierfür also 55.000 Schafe geschoren werden. Hauptabnehmer der Wolle waren Großbetriebe wie die Mechanische Schafwollspinnerei J.A. Vanoni oder die Augsburger Kammgarnspinnerei.
Ein interessantes Zitat des Landwirtschaftlichen Vereins aus dem Jahr 1861 beschreibt treffend die große Bedeutung der Schafbeweidung im Raum Augsburg:
"Fördernd auf die Schafzucht wirken unzweifelhaft auch die bestehenden Woll- und Schafmärkte ein, von denen insbesondere die in Augsburg einer von Jahr zu Jahr gesteigerten Frequenz sich erfreuen, und selbst eine noch größere Ausdehnung für die Zukunft in Aussicht stellen. … ferner vermag Augsburg, das viele Wollmanufakturen besitzt, die große Abnehmer sind, als Wechselplatz in Hinsicht des Geldbezuges vor den meisten Städten Süddeutschlands dem Käufer die meisten Annehmlichkeiten und Vorteile bieten…"
Für den Rückgang der Schafbeweidung durch Wanderschäfer sind Billigimporte von Schafwolle und Lammfleisch aus Übersee seit Beginn des 20. Jahrhundert verantwortlich.
Partner im Naturschutz
Neben dem Landschaftsbild ist auch die Artenzusammensetzung der Lechheiden ein Ergebnis der Weidenutzung. Durch das Fraßverhalten der Schafe entwickelt sich ein reich strukturierter und artenreicher Lebensraum.
Durch die Trittwirkung der Schafe entstehen kleinflächige Rohbodenstellen, die mit ihrem speziellen Mikroklima wichtige Lebensräume und Keimnischen für eine Vielzahl von Arten darstellen.
Darüber hinaus tragen Schafe zum Artenaustausch bei, denn Fell, Hufe und Verdauungstrakt dienen als Transportmedium für Pflanzensamen und Kleinlebewesen. Über 10.000 Pflanzensamen können pro Schaf transportiert werden und sie dienen auch als "Taxi" für Heuschrecken, Spinnen, Käfer und sogar Eidechsen.
In Augsburg ist es auf Initiative des Landschaftspflegeverbandes gelungen, Weidereviere wieder aufzubauen und an Wanderschäfer zu verpachten. Heute werden wieder ca. 120 ha Lechheide, z.B. die Firnhaberauheide im Augsburger Norden oder die Hasenheide im Stadtwald Augsburg, in der traditionellen Form der Hüteschafhaltung beweidet.
Zahlreiche Untersuchungen von externen Experten belegen, dass zahlreiche Tier- und Pflanzenarten der Lechheiden seit Einführung der Beweidung im Jahr 1998 wieder zugenommen haben oder ihren Bestand erhalten konnten.
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