Lechheiden
Lebendige Kulturgeschichte
Die Entstehung der Lechheiden hängt unmittelbar mit dem Wirken des Lechs zusammen. Seit der letzten Eiszeit transportierte der Fluss riesige Mengen Kies und Schotter aus den Alpen ins Vorland und lagerte das Material hier in mehrere Meter mächtigen Schichten ab. Dadurch bildete sich das sogenannte Lechfeld.
Durch die unterschiedlichen Strömungsgeschwindigkeiten des Lechs wurde das Substrat auch nach Körnungsgröße sortiert. So sind in die weiträumige Schotterflur auch Sand- und Lehmbänke eingebettet. Je feiner das Bodenmaterial ist, umso besser kann der Boden Wasser speichern.
Der Lech schuf außerdem ein Netz an Flutrinnen und damit ein sehr ausgeprägtes Geländerelief mit grundwassernäheren und –ferneren Standorten. Das Lechfeld ist somit ein kleinflächiges Mosaik unterschiedlicher Standorte, das die Entwicklung unterschiedlicher Pflanzengesellschaften ermöglichte.
Das Lechfeld ist zudem die Schnittstelle dreier biogeographischer Regionen. So finden sich hier neben alpinen Arten, wie dem Stengellosen Enzian, auch submediterane Arten (z.B. verschiedene Orchideenarten) und kontinentale Arten (z.B. Küchenschelle) - eine in Bayern einmalige ökologische Situation.
In Bereichen, die vom Hochwasser des Lechs nicht mehr und nur noch selten erreicht wurden, entwickelte sich ein sehr schütterer, von Lichtungen durchsetzter Wald. Hauptbaumart in solchen offenen Wäldern ist die Kiefer, die trotz ihrer geringen Ansprüche an den Wuchsort einen sehr kümmerigen und knorrigen Wuchs aufweist. Charakteristisch für diesen Waldtyp ist sein Reichtum an Tier- und Pflanzenarten.
Vielfältige Kulturlandschaft
Wie überall in Europa, so machte der Mensch auch die Landschaft am Lech für seine Zwecke nutzbar. Die extremen Standortverhältnisse ließen als Landnutzung zunächst nur eine Beweidung zu. Hierzu eigneten sich besonders genügsame Schafrassen.
Um die Weideverhältnisse zu verbessern, wurden große Teile der lichten Kiefernwälder gerodet oder niedergebrannt. So entstanden im Lechfeld ausgedehnte, mehrere Quadratkilometer große, nur mit einigen Baum- und Strauchgruppen durchsetzte Schafweiden - die sogenannten Lechheiden. Sie boten Lebensraum für zahlreiche wärmebedürftige und an die kargen Verhältnisse angepasste Tier- und Pflanzenarten der ursprünglichen Wildflusslandschaft.
Die Schafweiden galten früher als „Unland“ oder „Wüstungen“. Sie waren „Allmenden“, d.h. jeder durfte sie nutzen. In ganz Deutschland wurden solche Landschaften auch „Heiden“ genannt (wie z.B. die Lüneburger Heide). Der Name "Heide" ist somit eigentlich ein Begriff für eine bestimmte Art der Nutzung und nicht etwa für eine bestimmte Pflanzengesellschaft.
Noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts waren die Lechheiden eine wichtige Sommerweide für Wanderschäfer aus ganz Süddeutschland. Im Winter zogen die Schäfer mit ihren Tieren in wärmere Gegenden, z.B. ins Rheintal.
Typische Pflanzenarten der Lechheiden sind z.B. die Silberdistel, der Kreuzenzian, die Sumpfgladiole oder die Hummelragwurz. Zu den charakteristischen Tierarten gehören der Baumpieper, die Kreuzotter und der Kreuzenzian-Ameisen-Bläuling.
Von den einstigen Heideflächen am Lech ist nur noch 1% übrig geblieben. Gründe hierfür sind der Rückgang der Wanderschäferei, die Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft sowie Siedlungs- und Straßenbau.
Im Augsburger Stadtgebiet befinden sich noch wichtige Reste der ehelmals ausgedehnten Heidelandschaft, z.B. die Königsbrunner Heide mit dem weltweit größten Bestand an Sumpfgladiolen, die Schießplatzheide oder die Firnhaberauheide.
(Fotos v.o.n.u.: LPV, Kopp, LPV, LPV, Kopp)